Feministische Pionierin, Ex-Politikerin und pme Familienservice Gründerin Gisela Erler: “Ich war mit meinen Inhalten immer sicher, weil ich sie aus der konkreten Lebenserfahrung abgeleitet habe.”

Maxi Knust

Gisela Erler ist eine der feministischen Pionierinnen dieses Landes und hat sich schon früh für alternative Lebens- und Arbeitsmodelle für Frauen eingesetzt. Unter anderem lag es auch an ihrem Engagement, dass wir heute Elterngeld oder einen Anspruch auf einen Kita-Platz haben. Vor 30 Jahren gründete sie den pme Familienservice, der noch heute zahlreiche Dienstleistungen anbietet, damit Mütter und Väter berufstätig sein können und ihre Kinder gute Betreuungsangbote haben. Im FEMPRENEUR Interview sprachen wir sowohl mit pme-Gründerin Gisela Erler als auch mit Geschäftsführerin Alexa Ahmad über Politik, Innovation, erfolgreiche Geschäftsführung sowie den kostenfreien Frauenkongress “WOMANOMICS“, der am 8. März stattfindet.

Interview mit Gründerin Gisela Erler und Geschäftsführerin Alexa Ahmad

Gisela, du hast vor 30 Jahren pme Familienservice gegründet, damals noch als Kinderbüro in München. Heute leistest du auch viel politische Arbeit, hast den Weg für ein selbstbestimmtes Leben für Frauen und Mütter geebnet. Was hat dich damals motiviert pme zu gründen? Und wie kam die Gründung dieser Geschäftsidee zustande?

Gisela: Meine Motivation war sehr einfach. Es gab in Westdeutschland praktisch keine öffentlichen Kinderbetreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren. Das hatte ich am eigenen Leib erfahren.

Die Geschäftsidee ging auf den Wunsch von BMW zurück, die ihre eigenen Mitarbeiterinnen mit Kindern unterstützen wollten. Ich habe die Geschäftsidee einer Vermittlungsagentur aus den USA übernommen und angepasst. So fing alles an.

Es gab in Westdeutschland keine öffentlichen Kinderbetreuungsangebote. Das hatte ich am eigenen Leib erfahren.

pme Familienservice Gründerin Gisela Erler

Alexa Ahmad, du bist seit 15 Jahren Geschäftsführerin von pme Familienservice, eure Zentrale ist in Berlin. Was genau bietet pme Familienservice an? Was sind eure Hauptaufgaben und wen unterstützt ihr konkret wobei?

Alexa: Wir bieten alle Dienstleistungen an, die es Menschen ermöglichen, berufstätig zu sein. Gleichzeitig machen wir Unternehmen und Geschäftsführer:innen wettbewerbs- und rechtssicher im War for Talents. 

Wir bieten alle Dienstleistungen an, die es Menschen ermöglichen, berufstätig zu sein.

Einerseits bieten wir die klassischen Dienstleistungen an wie Kinderbetreuungslösungen, Coachings und Beratungen in verschiedenen Lebenslagen, aber auch für Unternehmen gesetzlich bindende Angebote wie GBU psych (Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung), Integrity Service (Hinweisgebersystem), BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement) oder Rechtsberatung.

Wir versuchen alles möglich zu machen, damit die Unternehmen und ihre Mitarbeitenden einen freien Kopf für das tägliche Arbeitsgeschäft haben.

Ihr habt bereit früh flexible Arbeitsmodelle, Mobile Office sowie Jobsharing für weibliche Führungskräfte entwickelt. Warum sind diese alternativen Modelle so wichtig besonders für Frauen und welchen Gewinn bringen diese Angebote auch Unternehmen, sollten sie flexibler die Arbeitsformen gestalten? Und was genau ist lebensphasenorientiertes Arbeiten?

Alexa: Mit dem postindustriellen Wandel der Gesellschaft haben sich primär die Arbeitsbedingungen für Frauen verändert. Wir als Frauenunternehmen haben daher von Grund auf alle Tools des agilen Arbeitens angewendet.

Bei knappen Fachkräfteressourcen – wie es heute der Fall ist – wird vermehrt auf Frauen „zurückgegriffen“. Das wiederum bedeutet, dass Unternehmen auch mehr Dienstleistungen für Frauen anbieten müssen.

Ich persönlich glaube nicht an Work-Life-Balance. Es gibt Momente [mit] Schwerpunkt auf „Work“ und Momente, in denen das „Life“ wichtiger ist.

Ich persönlich glaube nicht an Work-Life-Balance. Es gibt immer Momente im Leben, in denen der Schwerpunkt mehr auf dem „Work“ liegt und Momente, in denen das „Life“ wichtiger ist. Beispielsweise können Kinder- und Beziehungslose mehr in den Job investieren, wohingegen sich in der Familienphase die Zeiten auf Kinder und Haushalt verschieben.

pme Familienservice Geschäftsführerin Alexa Ahmad

Gisela: Rücksichtnahme auf die persönliche Lebenssituation ist beim pme Familienservice das wichtigste Mittel mit dem wir Frauen und Männer für das Unternehmen gewinnen und halten.

Diese Rücksichtnahme muss aber wechselseitig sein. In schwierigen Phasen, z.B. der Corona-Pandemie müssen die Mitarbeiter:innen  auch selbst flexibel sein. Das haben sie auch sehr deutlich gezeigt.

Gisela, du bist eine der feministischen Pionierinnen dieses Landes – hast aber auch oft Gegenwind erhalten, weil deine Ideen und Vorstellungen für Viele sehr neu und ungewohnt waren. Wie bist du damit umgegangen?

Gisela: Ich war mit meinen Inhalten einfach immer sicher, weil ich sie nicht aus einer Weltanschauung abgeleitet habe, sondern aus der konkreten Lebenserfahrung der Mütter und Familien um mich herum und in unserem Land.

Gisela, du hast mit 65 Jahren nochmal einen Neuanfang gestartet und bist in die Politik gegangen, wo du Verfahren entwickelt hast, um Bürger früher in die Planung großer Projekte einzubeziehen. Mit nun 75 Jahren bist du wieder nach Berlin zurückgekehrt. Welche Themen beschäftigen dich heute? Was würdest du gerne noch verändern bzw. erneuern?

Gisela: Gerade bei der jetzigen Umgestaltung hin zu einer klimaneutralen Arbeits- und Lebensweise müssen die Politik und auch die Arbeitgeber die Menschen wirklich einbeziehen.

Es geht um die Mitgestaltung dieser Veränderungen [zu einer klimeneutralen Arbeits- und Lebensweise] durch Alle.

Es geht um die Mitgestaltung dieser Veränderungen durch Alle. Sonst werden die Menschen das nicht mittragen. Deswegen setze ich mich für mehr Bürgerbeteiligung bei der Energiewende ein.

Dafür sind zufällig ausgewählte Bürgerversammlungen, sogenannte Bürgerräte, ein sehr geeignetes Mittel. Die Politik sollte uns sehr genau zuhören. Auch in den Unternehmen sollte das Zuhören ausgeweitet werden. 

Die Politik sollte uns sehr genau zuhören.

Das ist mit den heutigen digitalen Mitteln sehr einfach geworden und kann die Arbeit von Mitarbeiterinteressenvertretungen sehr gut ergänzen. Dazu versuche ich gerade ein Buch zu schreiben.

Alexa, du hast mit deinem Gespür für innovative Themen und Produkte, das Unternehmen zu einem erfolgreichen Großunternehmen gemacht. Was gehört für dich zu erfolgreicher Führung eines Unternehmens dazu? Und welche Tipps hast du für nachhaltiges Unternehmenswachstum?

Alexa: Die Basis ist, seine Teammitglieder und Kund*innen zu lieben. Heißt, Ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auszubalancieren.

Wichtig ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen, mutig voranzuschreiten und innovativ zu bleiben, auch wenn es heißt, eines oder mehrere Risiken einzugehen.

Wichtig ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen, mutig voranzuschreiten und innovativ zu bleiben, auch wenn es heißt, eines oder mehrere Risiken einzugehen. D.h. nicht, dass man ohne Sinn und Verstand agieren sollte, nur um die oder der Erste zu sein. Mir hat stets mein Bauchgefühl geholfen und ja, einige Dinge sind gescheitert. 

Dafür haben wiederum andere Ideen hervorragend funktioniert. Diese gelebte Fehlerkultur, getreu dem Motto: „Du darfst Fehler machen, aber nicht denselben Fehler zweimal.“ nimmt viel Druck.

Am 8. März findet euer Frauenkongress “WOMANOMICS: She. Changes. Future.” statt – mit erfolgreichen Gründerinnen, Unternehmerinnen, Führungskräften und Politikerinnen. Wie und wo kann man teilnehmen und was erwartet die Teilnehmerinnen? 

Alexa: Der Womanomics findet als kostenfreier Livestream statt. Mit vollem Programm starten wir am Vormittag. Alle, die sich für die Themen Führung, Female Empowerment, Vereinbarkeit, Karriere, Finanzen, Migration, Gleichberechtigung interessieren können oder sollten daran teilnehmen.

Wir haben großartige Speakerinnen dabei wie Dr. Auma Obama, Soziologin Dr. Franziska Schutzbach und Geldcoach Dani Parthum. Katharina Binz, die stellvertretende Ministerpräsidentin und ein paar tolle weibliche Führungskräfte aus der Wirtschaft sind auch in einer Podiumsdiskussion über Frauen und Führung dabei.

Die Anmeldung erfolgt einfach auf unserer Website unter www.familienservice.de/womanomics

Website: www.familienservice.de

Foto Copyright: pme Familienservice/Christopher Gosch

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