Sarah von Kaminietz | Gründerin von International Waters – Von Social Entrepreneurship, coolen Surfsuits und einem Segeltörn durch die Welt

Maxi Knust

Sarah von Kaminietz zeigt mit ihrem Business International Waters, wo sie coole und funktionale Surfmode anbietet, wie sich Leidenschaft und Social Entrepreneurship verbinden lassen. Ein junge Frau mit nichts weniger als der Absicht, die Welt ein Stück besser zu machen. Dafür versucht sie die gesamte Wertschöpfungskette sowie das Produkt ökologisch und unter fairen Arbeitsbedingungen zu gestalten. „Der BMW unter den Surfsuits“, wie Bruce Sutherland, Autor des Stormrider Guides, die Surfsuits von Sarah bezeichnet. Was einsame Inseln, Indianerstämme und ein Segeltörn mit der Businessidee zu tun haben, erfährst du in diesem spannenden Interview.

Sarah, du hast das letzte halbe Jahr einen Segeltörn durch die Welt gemacht und damit Arbeit und Spaß verbunden. Kannst du mir mehr über diese spannende Reise erzählen?

Ja, mit dem Projekt High Seas High School, bin ich mit 26 Zehntklässlern auf einem 36m Gaffeltop Schoner über den Atlantik in die Karibik, Zentral Amerika und zurück gesegelt. Von spielenden Delfinen begleitet, erkundeten wir die Inselwelt der West Indies. Wir schliefen auf einsamen Inseln umgeben von türkis blauem Wasser; wir besuchten Indianerstämme; wir wateten Flussläufe entlang, die sich durch den Tropischen Regenwald schlängelten; und wir lagen im Klüvernetz, während die Sonne am Horizont im Wasser versank.

Aber das Ganze war kein Urlaubstörn. Ich war die Mathe- und Physik- und Tauchlehrerin an Bord. Ja es gab Unterricht an Bord. Doch viel mehr haben wir aber alle durch den Alltag auf dem Schiff gelernt, der automatisch so manche Extremsituation mit sich bringt. Das Zusammenleben auf engstem Raum ohne Privatsphäre, ohne Kontakt zur Außenwelt und mit begrenzten Ressourcen oder die Erschöpfung durch den 24h Wachbetrieb, den Seegang und die nicht enden wollenden Aufgaben, die auf so einem Schiff anfallen, haben fast jeden mal an seine Grenzen getrieben. Ich bin froh darüber, all diese Erfahrungen gemacht zu haben, aber ich bin auch froh, jetzt wieder jeden Morgen selber zu entscheiden, wie mein Tag heute aussehen soll.

Nebenbei hast du dann auch dein eigenes Business mit „International Waters“ gegründet. Wie bist du zu der Idee gekommen, Lycraanzüge für Surferinnen anzubieten?

Nachdem ich meine ersten Berufserfahrungen bei Teach First und dann in einer Unternehmensberatung gemacht habe, wurde mir klar, dass, um das Leben leben zu können, das ich leben möchte, muss ich mich selbstständig machen.

Ich will orts- und zeitunabhängig arbeiten können und genug Zeit haben, um in all den tollen Projekten mitzuwirken, die mir so über den Weg laufen. Mit einem eigenen Business kann ich aber nicht nur das, ich kann auch durch die Art, wie ich es betreibe, Einfluss auf meine Umwelt haben.

Nun fehlte nur noch die Business Idee. Im Winter 2014 reiste ich nach Zentralamerika, arbeitete in einem abgelegenen Surfcamp in Guatemala und surfte in El Salvador. Nur im Bikini surfen ist aus verschiedenen Gründen unpraktisch: Er verrutscht oft, man ist nicht vor der Sonne geschützt und das Brett scheuert am Bauch. Das Lycra Shirt, das man deshalb überzieht, rutscht aber auch immer hoch. Da kam mir die Idee einen Einteiler zu nähen, der immer da bleibt, wo er sein soll. Ich kaufte Stoff in Guatemala City und zurück im Camp bat ich eine Frau, die eine Nähmaschine hatte, meine Zeichnungen umzusetzen. Ich fertigte ein paar Prototypen an, bis ich mein Lieblingsdesign gefunden hatte. Dann testete ich es in den Wellen. Als die erste Surferin fragte: „Wo hast du den denn gekauft? Der ist voll cool, der Suit.“, war die Business Idee geboren.

Lycraanzüge für Frauen gibt es ja eigentlich bereits. Was ist bei der Marke International Waters anders? Was ist das Besondere bei deinen Produkten?

Das Design meiner Anzüge stellt die Funktionalität in den Mittelpunkt. Der Anzug hat eine Tasche und der hochgeschlossene Cut schützt vor der Sonne. Trotzdem sehen die Anzüge cool aus. In der Surfindustrie werden Frauen häufig in sexy Posen mit viel Haut statt als Sportlerin inszeniert. Das möchte ich mit meiner Marke nicht unterstützen.

Außerdem sind die Anzüge aus hochqualitativem und recyceltem Stoff aus Italien. Im Moment produziere ich in Ungarn nach europäischen Standards, doch eines meiner nächsten Ziele ist es Aufträge an Näherinnen-Initiativen zu vergeben. Ich habe z.B. von Frauen in El Salvador gehört, die für Adidas gearbeitet haben und geblacklistet wurden, weil sie eine Gewerkschaft forderten, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Da sie nun keine Anstellung mehr bekommen, haben sie sich selbstständig gemacht.

Faire Arbeitsbedingungen und Bezahlung sowie nachhaltig ökologisch produzierte Produkte sind bei dir ja mehr als nur notwendiges Branding. Warum ist dir das Thema persönlich so wichtig?

Ich finde es großartig, dass ich als Entrepreneur, dazu beitragen kann, dass die Ressourcen auf unserem Planeten geschont und Menschen nicht wie Maschinen in Sweatshops instrumentalisiert werden. Ich denke, das sind Dinge, die vielen Menschen wichtig sind, aber es ist nicht immer so leicht sein Leben darauf auszurichten. Als Konsument ist es oft wirklich schwer nur nachhaltige und faire Produkte zu kaufen. Je mehr es davon gibt, desto besser.

Abgesehen davon, ist einer der Hauptgründe, warum ich selbstständig sein möchte, dass ich die zeitlichen und finanziellen Ressourcen haben möchte, um mich in Projekten zu engagieren, die ich wichtig finde. Ich habe z.B. vor kurzem mitgeholfen, die ersten Afghanischen Surfmeisterschaften auszurichten. Es soll bald eine International Waters Foundation geben, um Projekte zu unterstützen, die Wassersport nutzen, um positive Veränderung voranzutreiben.

Es passt einfach nicht zu diesem Grundgedanken ein Businessmodel zu haben, das nicht fair und eco ist.

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