Anne Lemcke | Gründerin der Gewürzmanufaktur Ankerkraut: „Wir hatten zwei Babys und ein Startup.“

Maxi Knust

Anne Lemcke ist bereits seit sechs Jahren Unternehmerin und gründete mit ihrem Mann Stefan die Gewürzmanufaktur Ankerkraut. Deutschlandweit bekannt wurde das Startup durch die TV-Show “Die Höhle der Löwen”, wo sie Investor Frank Thelen von ihrer Idee überzeugen konnten. Doch das Gründer-Ehepaar verbindet nicht nur die gemeinsame Leidenschaft für gutes Essen und leckere Gewürze, sondern auch ihre zwei Kinder​. Anne und Stefan sind sowohl Vollblut-Unternehmer als auch Familienmenschen und schaffen es diese beiden Welten in Einklang zu bringen. 

Im FEMPRENEUR Interview erzählt Anne, wie sie das schafft inkl. ​ihren Rat für Mompreneurs. Zudem teilt die erfolgreiche Unternehmerin ihre ​Marketingstipps in einem eigentlich besetzten Markt, ihre Erfahrungen (und Geheimanmeldung) bei “Die Höhle der Löwen” und natürlich wie die Zusammenarbeit mit dem Ehepartner gut funktioniert.

Bereits 2013 hast du gemeinsam mit deinem Mann die Gewürzmanufaktur Ankerkraut gegründet. Wir seid ihr auf diese Idee gekommen? ​

Die Idee, etwas Eigenes zu gründen, gab es schon länger, doch war lange nicht klar, in welche Richtung diese Business-Idee gehen sollte. Fest stand, wir wollten gerne ein eigenes Produkt machen und in den Händen halten können. Es gab sogar schon mal die Idee, Produkte für Hunde oder Spielzeug für Kinder zu produzieren – naheliegend, wir hatten einen Hund und bekamen gerade unser erstes Kind – doch das haben wir dann wieder verworfen. 

Am Ende war es also Stefans Gewürzliebe und unsere gemeinsame Begeisterung und Leidenschaft für gutes Essen, die uns dazu brachte, den Schritt in die Lebensmittelbranche und den Gewürzmarkt zu wagen. Und das, obwohl wir beide nicht aus der Branche kommen.

Die Idee, etwas Eigenes zu gründen, gab es schon länger, doch war lange nicht klar, in welche Richtung diese Business-Idee gehen sollte.

Bevor die Idee von Ankerkraut “geboren” wurde, war ich PR-Managerin in der Musikindustrie. Und auch Stefan kommt aus einem anderen Bereich. Er war vor der Unternehmensgründung selbständig im IT- und Online-Bereich tätig. Heute nutzen wir unsere jeweiligen Kompetenzen im Unternehmen weiter: Stefan kümmert sich viel um die Neuentwicklungen, ich koordiniere Produktdesign und unsere Social-Media-Aktivitäten.

​Euer Startup ist dann 2016 nochmal richtig bekannt geworden durch die Teilnahme an der TV-Show „Die Höhle des Löwen“. Wie war diese Erfahrung für dich? Und was konntest du daraus mitnehmen?

Durch unsere Teilnahme bei der TV-Show “Die Höhle der Löwen” wurde Ankerkraut 2016 quasi über Nacht deutschlandweit so bekannt, dass ich kurzzeitig Angst davor bekam, das starke Wachstum unter Kontrolle behalten zu können. Ich würde heute fast soweit gehen zu sagen, dass der Tag der Ausstrahlung somit einer der wichtigsten Tage in meinem Leben war.

Ohne dass mein Mann Stefan es wusste, habe ich uns ​bei DHDL angemeldet. Nach dem ersten Casting kam dann die Zusage für die Show und wir haben geübt, geübt und geübt – bis wir den gesamten Pitch auswendig konnten. Dann ging es los und trotz Lampenfieber war ich einfach nur begeistert.

Nur weil man bei ​”Die Höhle der Löwen” “gewinnt”, kann man sich nicht zurücklehnen. Man muss diese Chance auch nutzen und etwas daraus machen.

Die Gespräche mit den potentiellen Investoren und ihre Fragen waren toll. Es war schön, mitzubekommen, dass es ernsthaftes Interesse daran gab, uns und unsere Geschäftsidee zu fördern. Letztlich haben wir den Deal ja mit Frank Thelen abgeschlossen und der war ein wirklicher Gewinn für uns. Wir haben gerade am Anfang super viel von Frank und seinem Team gelernt und auch heute profitieren wir weiter und nachhaltig von seinem wahnsinnigen Netzwerk. Außerdem stehe ich noch wöchentlich mit ihm oder jemandem aus seinem Team in Kontakt.

Gleichzeitig hat unsere Teilnahme an der Show auch die Medien verstärkt auf uns aufmerksam gemacht. Seitdem ist die Presse noch interessierter an uns und das hilft natürlich dabei, unsere Marke und die Produkte noch bekannter zu machen.

Was man aber nicht vergessen darf: Nur weil man bei DHDL “gewinnt”, kann man sich nicht zurücklehnen. Man muss diese Chance auch nutzen und etwas daraus machen, da muss man realistisch bleiben. Ich persönlich würde es aber immer wieder tun und dort mitmachen – es war eine riesige Erfahrung, persönlich und beruflich!

In eurem Markt von Gewürzen und Tees gibt es einen monopolistischen Marktführer, wo ihr mit eurem Business kräftig dagegen haltet. Hat euch das nie eingeschüchtert? Und welche konkreten zwei Marketingtipps hast du, um trotzdem auf sich aufmerksam zu machen und erfolgreich zu sein?

Eingeschüchtert waren wir eigentlich nie, aber Respekt hatten und haben wir immer!

Tipp Nummer 1: Macht, was ihr liebt und liebt, was ihr macht. Und macht es – zumindest in einem eigentlich besetzten Markt – einfach ein bisschen anders als die Anderen! Sucht euch am Anfang eure Nische, euer Spezialgebiet und drängt „liebevoll“ euren Fuß in die Tür.

Tipp Nummer 2: Machen, machen, machen – nicht nachlassen, auch wenn es mal schwierig wird. Denkt immer daran: Der Tag der Anderen hat auch nur 24 Stunden und alle kochen mit Wasser. Wenn ihr denkt, ihr könnt nicht mehr, legt ohne zu verkrampfen noch eine Schippe drauf. Dann schafft ihr es über längere Distanz auch immer, eine Nase vorne zu liegen.

​Euer Unternehmen ist gerade richtig erfolgreich. Was waren die Highlights des letzten Jahres? Und wohin soll die Reise weiter gehen?

Grundsätzlich war das letzte Jahr viel erfolgreicher, als wir es uns vorgestellt haben. Das wir so ein unerwartetes Wachstum überhaupt erreichen und managen konnten, liegt zu einem großen Teil an unserem wunderbaren Team: Mittlerweile gehören gut 75 Mitarbeiter zu Ankerkraut und die sind einfach der Wahnsinn!

2018 haben wir außerdem unseren ersten eigenen „Offline“ Store eröffnet, mitten in Hamburg. Zwar musste dieser wegen einer Gebäudesanierung wieder schließen, doch wir werden diesen Vertriebszweig nicht abreißen lassen und planen für 2019 mehrere Neueröffnungen – wir müssen nur noch die richtigen Ladenflächen finden.

Im letzten Jahr haben wir zudem an zahlreichen Preisverleihungen und Awards teilgenommen. Wir wurden bspw. mit dem KfW-Award ausgezeichnet, sind in den Top 50 Unternehmen des Gründerszene Wachstumsawards gelandet und waren Finalisten beim Deutschen Gründerpreis. ​

Wir möchten auch in Zukunft so viel Zeit wie möglich für uns und unsere Familie haben.

Unabhängig von den beruflichen Erfolgen haben wir uns aber noch etwas für 2019 vorgenommen: Wir möchten auch in Zukunft so viel Zeit wie möglich für uns und unsere Familie haben. Das heißt: mehr Familienzeit, intensive Urlaube und durch Sport und Ernährung mehr auf uns selber achten.

Natürlich ist es schwierig abzuschalten und die Firma “alleine” laufen zu lassen, doch mittlerweile haben wir ein so starkes Team, dass wir endlich in den Genuss kommen, auch guten Gewissens mal Urlaub machen zu können und wieder mehr auf uns selber zu achten. 

Du hast tatsächlich auch immer mal wieder mit Vorurteilen, „nur die Frau hinter dem Unternehmer zu sein“ oder „keine gute Mutter zu sein“ zu kämpfen. Wie reagierst du darauf? Enttäuscht es dich auch, dass deine Leistung nicht gleichwertig anerkannt wird von außen?

Ich bin ja nicht nur Unternehmerin, sondern auch Ehefrau und Mutter und auch hier gibt man mir oft das Gefühl, ich müsse mich rechtfertigen und ständig erklären, wie es unseren Kindern dabei geht und dass sie eben nicht zu kurz kommen.

Interessanterweise kommen diese Vorurteile oft von anderen Müttern, welche nicht nachvollziehen können, dass man Karriere und Familie sehr gut miteinander vereinbaren kann.

Vorurteile kommen oft von anderen Müttern, die nicht verstehen, dass man ​Karriere und Familie gut vereinbaren kann.

Natürlich enttäuscht es mich, mit solchen Vorurteilen konfrontiert zu werden, doch im Zweifelsfall spornen mich diese nur noch mehr an, alles zu geben. Ich war schon immer eine recht selbstbewusste Frau und möchte mich damit nicht nur den Vorurteilen stellen, sondern auch Anderen Mut machen, sich dagegen aufzulehnen. 

​Was waren die zwei größten Fehler, die ihr in eurer Unternehmerphase gemacht habt?

An „richtig große“ Fehler kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern. Im Nachhinein hätten wir vielleicht ein paar Dinge anders oder früher machen können – aber hinterher ist man ja immer schlauer.

Bei all unserem Erfolg darf man nicht vergessen, dass wir auch sehr viel Glück hatten. Klar, Glück ist auf die Dauer mit dem Tüchtigen, aber es hat schon wirklich Vieles einfach gut geklappt.

Kleinere Fehler passieren uns sogar täglich – aber wir lernen daraus!

Kleinere Fehler hingegen passieren uns ehrlich gesagt ständig – ganz ehrlich wahrscheinlich täglich! Das ist aber nicht schlimm, sondern jedes Mal eine Chance zu lernen und besser zu werden. So haben wir bspw. sehr viel aus unseren „Fehlern“ beim Adventskalender gemacht. Dieser ist für uns ein wichtiges Produkt im vierten Quartal – im ersten Jahr ging dabei ganz viel schief, mittlerweile nur noch Kleinigkeiten.

Wie funktioniert bei euch die Zusammenarbeit als Ehepartner und Unternehmer am besten? Macht ihr einen klaren Cut zwischen Privaten und Business? Und wie geht ihr mit beruflichen Meinungsverschiedenheiten und Konflikten um, sodass nicht die Beziehung darunter leidet?

Business und Privates konnten wir eigentlich von Anfang an nicht strikt trennen, da wir vom Start weg immer beides gleichzeitig “managen” mussten: Unser Sohn wurde im März 2012 geboren, Ankerkraut wurde im Januar 2013 gegründet und unsere Tochter kam dann im April 2013 zur Welt. Wir hatten also zwei Babys und ein Start-up.

Wir hatten zwei Babys und ein Start-up. 

Am Anfang hat mein Mann viele Dinge in die Hand genommen, während ich eher im Hintergrund tätig war. Es gab allerdings auch viele Situationen, in denen die Kinder dann einfach dabei waren. So haben wir die ersten Ankerkraut-Weihnachtspakete einfach von zu Hause aus eingepackt und versendet.

Damit Familie und Job nicht kollidieren, sind mein Mann Stefan und ich im ständigen Austausch, wir beide wissen immer über alles Bescheid – privat und beruflich. Gut ist auch, dass unsere Produktionsstätte und die Büros in der Nähe unseres Wohnortes sind, dass macht einige Strecken deutlicher leichter.

Wir lieben uns und vertrauen uns zu 100 Prozent.

Was für viele nach einer großen Herausforderung klingt, ist für uns nun Alltag: Neben dem Familienleben, zu Hause mit den beiden Kindern, arbeiten wir als Ehepaar zusammen und teilen daher auch alles miteinander. Meinungsverschiedenheiten und Konflikte haben wir – wie wahrscheinlich jedes Paar – auch gelegentlich und wir können uns manchmal ganz schön gut fetzen.

Unser großer Vorteil: wir sind beide nicht nachtragend und wissen, dass es nie persönlich gemeint ist. Wir lieben uns und vertrauen uns zu 100 Prozent. Ich kenne keinen Menschen so gut wie Stefan und ich glaube, wenn wir uns nicht ab und zu mal kabbeln würden, hätten wir uns schon lange getrennt.

​Ihr habt zwei Kinder. Was sind deine ganz pragmatischen und lebensnahen Tipps von Mompreneur zu Mompreneur?

Eine Partnerschaft auf Augenhöhe und jede Menge Organisationstalent. Mit Stefan habe ich einen verständnisvollen und gleichberechtigten Partner und Ehemann an meiner Seite, der mich und unsere Familie bedingungslos unterstützt und das hilft natürlich enorm.

Doch auch mein Organisationsgeschick kommt mir jeden Tag zu Gute, wenn ich Business- und Familientermine manage und den Überblick zwischen Meetings, Kinderarztterminen, Verabredungen oder Sonstigem im Blick behalten muss.

Mein Tipp: macht euch locker, alles ist gut! Wir haben heutzutage einfach zu viele Erwartungen an uns selber und daran, was man alles machen „muss“, damit ein Kind glücklich aufwächst.

Ich liebe meine Kinder und gebe immer mein Bestes. Und das ist es doch, worauf es am Ende ankommt.

Überlegen wir doch einmal, wie es vor 20 oder 40 Jahren war oder wie es in anderen Ländern und Kulturen funktioniert: Dort wachsen Kinder glücklich auf, ohne dass die Eltern bspw. auf Elternabenden 30 Minuten darüber diskutieren und abstimmen, ob Erzieher geduzt oder gesiezt werden sollen. Ich liebe meine Kinder und gebe immer mein Bestes. Und das ist es doch, worauf es am Ende ankommt, egal ob “Working Mom”, “Working Dad” oder Sonstiges.

Last but not least: Deine Tipps für angehende Unternehmerinnen?

Einfach machen. Ihr habt eine tolle Idee? Dann setzt diese am Besten noch heute in die Tat um. Einen richtigen Zeitpunkt für eine Unternehmensgründung gibt es selten. 

Wer wartet, fängt an, zu zweifeln, auch wenn es keinen Grund dafür gibt. Vertraut auf eure Stärken und Ideen und bleibt selbstbewusst. 

Und dann heißt es nur noch: machen, machen, machen!

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