Interview mit Verena Pausder, Gründerin von Fox&Sheep: „Unternehmertum bedeutet, den Laden von Null aufzubauen.“

Maxi Knust

Verena Pausder kommt aus einer Unternehmerfamilie mit 300-jähriger Tradition und kann bereits auf ihre eigene erfolgreiche Laufbahn als Unternehmerin zurückblicken. Zwar wird einem nicht automatisch das Unterneh­mertum in die Wiege gelegt, doch die Erfahrung, dass Scheitern nicht das Ende bedeutet und nach einem Misserfolg einfach ein neues Projekt gestartet werden kann, sollte Verena maßgeblich auf ihrem Weg zum Erfolg begleiten. ​Mit 25 Jahren wechselte sie ​in die Online-Branche, wo sie 2010 die Geschäfts­führung des Spieleunternehmens Goodbeans, zusammen mit dem Gründer Moritz Hohl, übernahm. Schließlich entschieden sich die beiden 2012 gemeinsam ein neues Unternehmen zu gründen: Fox&Sheep. Das Start-up entwickelt Spiele-Apps mit hochwertigen Illustrationen für Kinder im Vorschulalter mit über 15 Millionen Downloads weltweit und wurde 2014 mehrheitlich an den Spielzeughersteller HABA für einen zweistelligen Millionenbetrag verkauft. [Stand: 2017]

​Interviewauszug aus “The Female Founders Book. Das Buch für unternehmerische Inspiration”

​Fox&Sheep-Gründerin ​Verena Pausder – Erfolgreich mit ​Spiele-Apps für Kinder

Du kommst aus einer Unternehmerfamilie. Was machen deine Eltern und welche Tipps haben sie dir mitgegeben?

Mein Vater führt unser Familienunternehmen, das technische Gewebe produziert, bereits in 9. Generation. Er hat es geschafft die Firma zu einem forschungs- und innovations-getriebenen Unternehmen umzubauen. Meine Mutter gründete vor 30 Jahren ein eigenes Unternehmen, wo sie sich auf die Inneneinrichtung von Hotelketten und größe-ren Privathaushalten spezialisierte. Unter anderem liefert sie die textile Inneneinrichtung für die Hotelkette Motel One.

​Unternehmertum hat nichts mit dem goldenen Löffel zu tun, sondern man muss jeden Morgen aufstehen und immer weiter machen als Unternehmer.

So habe ich hautnah mitbekommen, wie es ist, ein eigenes Unternehmen zu leiten. Das schreckt einen entweder total ab oder es fasziniert einen. Bei mir überwog immer die Faszi­nation. Inspirierend fand ich dabei zu sehen, wie man sich neu erfindet, immer weiter strebt und dabei lernt: Von nichts kommt nichts. 

​Unternehmertum hat nichts mit dem goldenen Löffel zu tun, sondern man muss jeden Morgen aufstehen und immer weiter machen als Unternehmer. Dabei kann auch viel schief gehen, aber für mich war es interessant zu sehen, wie man auf solche Rückschläge reagiert und dabei nicht den Mut verliert. Insofern waren es keine Tipps, sondern Lebens-erfahrungen, die ich mitbekommen habe.

Du hast bereits sehr früh angefangen zu gründen. Mit 19 Jahren hast du mit deiner Schwester eine Sushi-Bar eröffnet. Wie kam es dazu und was hast du daraus gelernt, so jung zu gründen?

Unsere Eltern hatten in Bielefeld eine Ladenfläche und gaben uns die Chance, uns ein gutes Geschäftskonzept dafür zu überlegen. Das war 1999 und damals gab es noch keine Sushi-Läden in Bielefeld. Mit-hilfe von familiärem Startkapital, haben wir uns dann entschlossen, es einfach mal auszuprobieren.

​Unternehmer­tum bedeutet nicht einen vorhandenen Laden zu managen, sondern diesen von Null an aufzubauen.

Meine Erkenntnis daraus: Unternehmer­tum bedeutet nicht einen vorhandenen Laden zu managen, sondern diesen von Null an aufzubauen. Wir hatten nur begrenzt Geld und mussten daher kreativ sein. Zum Beispiel haben wir für die Deko einen japanischen Kalender bei IKEA gekauft, die Bilder ausgeschnitten und in günstige Bilderrahmen getan. Das kostete nur etwa 30 Euro, aber unser Laden sah fantastisch aus. 

Als wir dann eröffneten, kam aber leider niemand zum Essen herein. Wir stellten daraufhin draußen ei­nen Aufsteller hin und verteilten Flyer in der Fußgängerzone. Diese Mischung aus wenig Budget, Pragmatismus und viel Kreativität sind Erfahrungen, für die ich sehr dankbar bin.

Du hast dann dein zweites Unternehmen Delius Capital gegründet, wo du Fonds konzipiert und Großprojekte finanziert hast. Danach hast du die Geschäftsführung bei Goodbeans übernommen.

Das Unternehmen wurde von Moritz Hohl und seinem damaligen Geschäftspartner gegründet, der uns allerdings nach meinem Eintritt verließ. Daraufhin entschieden Moritz und ich, das Unternehmen weiter-zuführen. Drei Monate nach der Geburt meines zweiten Sohnes habe ich dort als Geschäftsführerin in Vollzeit mit 60 Mitarbeitern in Berlin angefangen. Ich lebte damals privat in Hamburg und ich pendelte jede Woche zwischen den beiden Städten. Das war auch emotional eine schwierige Zeit für mich und hat leider ebenso mein Privatleben stark belastet.

Neben diesen privaten Schwierigkeiten war das Unternehmen sehr risikoreich und lief nicht besonders gut. Ich musste etwa die Hälfte der Mitarbeiter entlassen, was mir schwer fiel, denn ich arbeite lieber in einem harmonischen Umfeld. Es belastete mich damals sehr, weder meiner Familie noch meinem Unternehmen wirklich gerecht zu werden. Zwar schafften wir bei Goodbeans noch-mal einen kleinen Aufschwung, aber die Transformation von einem Web-Unternehmen zu einem Mobile-Unternehmen gelang uns letzt-lich nicht.

​Unternehmertum bedeutet auch: geradlinig sein, niemanden täuschen, niemanden versuchen zu schützen und offen sein!

Das Ende vom Lied war die Insolvenz im Januar 2015. Weil wir alles gegeben hatten, fühlte es sich zwar wie Scheitern an, aber ich schäme mich keineswegs dafür. Wir waren in der Kommunikation mit den Mitarbeitern immer sehr transparent, so dass jeder wusste, wie es um das Unternehmen steht.

Das bedeutet für mich eben auch Unternehmertum: geradlinig sein, niemanden täuschen, niemanden versuchen zu schützen und offen sein! Man muss weiterhin in den Spiegel schauen können und lernen, dass es manchmal eben auch bergab gehen kann.

The Female Founders Book. Das Buch für unternehmerische Inspiration

Du gehst sehr offen mit dem Scheitern um, was sehr bemerkenswert ist. Macht es dir keine Angst dich dadurch angreifbar zu machen?

Selbst in den ganz schweren Phasen bin ich mir selbst treu geblieben. Ich habe keine Lust auf Menschen, die nicht echt sind. Das ist Zeitver­schwendung, denn was nützt eine zurechtgelegte Story? Mich haben immer vielmehr die Menschen fasziniert, die auf der Bühne stehen und sich angreifbar machen, weil ich mich damit besser identifizieren kann. Denn jedem geht es mal schlecht und jeder hat Selbstzweifel.

Als mein Mann sich in der Zeit von Goodbeans von mir getrennt hat, bin ich am Tag darauf ins Büro gegangen und habe zu meinem Mit­gründer Moritz gesagt, dass ich gerade nicht weitermachen kann. Ich wollte auch unseren Mitarbeitern erzählen, was passiert ist, damit sie nichts in mich hineininterpretieren müssen. Ich übte vor dem Spiegel, nicht zu weinen, aber bin dann bei dem Meeting natürlich in Tränen ausgebrochen.

​Man kann ​nicht Everybody’s Darling sein.

Alle Mitarbeiter hatten jedoch Verständnis und keiner dachte ich sei eine schwache Chefin, sondern alle fanden mich einfach nur menschlich. Ich bin mit meiner Ehrlichkeit immer sehr gut gefahren. Und Menschen, die dich nicht mögen, nutzen das möglicherweise aus. Aber diese Menschen mögen dich so oder so nicht. Man kann eben nicht Everybody’s Darling sein.

Wie wichtig findest du Leidenschaft bei der unternehmerischen Tätigkeit?

Leidenschaft ist das Wichtigste und eine der unternehmerischen Kerneigenschaften. Für mich wäre es nicht denkbar, meine Unternehmen ohne Leidenschaft zu leiten. Leidenschaft ist stark mit Mut verbunden, denn seiner Sache treu zu bleiben, heißt ja nicht immer, den rational besten Weg zu gehen.

Es gibt so viele Aufs und Abs. Also muss man für sein Unternehmen brennen, da man sonst einfach aufgeben würde. Wenn man also das macht, was einem wichtig ist, dann bleibt man auch dabei. 

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